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Liebe feministisch interessierte Menschen,
jetzt ist es schon etwas länger her, seit das letzte Mal ein Newsletter über diesen Verteiler ging.
Das heißt aber nicht, dass in dieser Zeit nichts passiert ist. Im Gegenteil!
In dieser ungewöhnlichen Jahreswechselzeit wollen wir euch deshalb noch einmal einen Rückblick über unser Jahr 2020 und einen Ausblick auf das Kommende geben.
Feministisch arbeiten zu Beginn der Pandemie
Natürlich hat die Covid-19-Situation auch für uns eine große Umstellung bedeutet. Demos, öffentliche Treffen und spontane Aktionen waren in der gewohnten Form erstmal nicht mehr möglich.
Nach einer kurzen Phase der Neuorientierung nach dem 8. März wurde außerdem schnell klar, dass der Lockdown einen drastischen Anstieg der häuslichen Gewalt mit sich bringen würde.
Das war der Anlass für einen Workshop, den wir in Kooperation mit Tür an Tür im Juni veranstaltet haben. Das Thema war „Häusliche Gewalt – wie reagiere ich als Ehrenamtliche*r?“ mit Susanne Donn und Lena Sanjuanelo Garcia von der Flüchtlings- und Integrationsberatung des Diakonischen Werks e.V. Augsburg als Referentinnen.
Am 02. Dezember fand dann ein zweiter Workshop in dieser Reihe statt: „Kindeswohlgefährdung – Wie reagiere ich als Ehrenamtliche*r?“ mit den Referentinnen Veronika Winter und Jasmin Lipp vom Diakonischen Werk e.V. Augsburg.
Beide Webinars wurden von Tür an Tür hervorragend organisiert und waren dadurch ein absolut wichtiger und guter Austausch.
Feministischer Sommer trotz Covid-19
Im Sommer wurde es natürlich auch für uns wieder etwas ruhiger. Dennoch waren wir nicht nur in der Sommerpause. So haben wir beispielsweise einen Workshop auf dem Klimacamp abgehalten.
Das Klimacamp steht seit dem 01.07. auf dem Fischmarkt direkt neben dem Rathausplatz, um für eine der Dringlichkeit der Klimakrise angemessene Klimapolitik zu demonstrieren. Bis heute sind täglich Aktivist*innen vor Ort. Wir sprachen gemeinsam über den Zusammenhang zwischen Klimagerechtigkeit und Feminismus.
Spoiler: es gibt einige Zusammenhänge! Beispielsweise sind Frauen* oft stärker vom Klimawandel betroffen, kämpfen gleichzeitig aber auch an vorderster Front für einen sozial-ökologischen Wandel. Trotzdem sind Positionen in Politik und Wirtschaft, die klimarelevante Entscheidungen treffen, selten von Frauen* besetzt.
2020 war auch das Jahr, in dem eine neue Veranstaltungsreihe starten sollte: die Frauen*kneipen. Zusammen mit befreundeten Kollektiven hatten wir diese ab März geplant. Dieser ungezwungene Austausch, zusammen Feiern und Fröhlichsein – das ist etwas, was uns sehr fehlt. Trotz der Situation haben wir die Frauen*kneipe im Sommer im kleinen Kreis coronakonform eröffnet. Es war ein wunderbarer Abend. Das macht umso mehr Vorfreude auf den Moment, wenn wir unseren ursprünglichen Plan hoffentlich dann mit vielen von euch in die Tat umsetzen können.
Als der Sommer fast zu Ende war haben wir außerdem dem Drachenfestival vom Grandhotel Cosmopolis einen Besuch mit einem Infostand und unseren Regenschirmen abgestattet. Das war ein wirklich schönes Fest!
Feministischer Austausch im Internet: Streikcafés
Im November haben wir dann ein neues Online-Format gestartet: die Streikcafés. Der ursprüngliche Plan war es, in verschiedenen Cafés in verschiedenen Stadtteilen im Real Life mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch über Feminismus, Streik und das Leben zu kommen. Mit den erneut gestiegenen Infektionszahlen haben wir auch dieses Vorhaben ins Internet verlegt. In lockerer Runde haben wir bereits drei Mal gemeinsam über verschiedenste feministische Anliegen gemütlich von Zuhause aus mit einem heißen Getränk in der Hand diskutiert. Zweimal hatten wir sogar Gästinnen. Zuerst hat Alexandra Magalhães Zeiner vom Mulheres pela paz – Frauen für Frieden e.V. ihr Kunstprojekt „Eine Stimme für Frauen“ vorgestellt. Beim letzten Streikcafé war eine Vertreterin von Open Afro Aux zu Gast und wir haben gemeinsam über Intersektionalität und wie sich Kämpfe für Antirassimsus und Feminismus verbinden lassen gesprochen. Die bisherigen Streikcafés waren inspirierend und motivierend und wir hoffen auf weitere spannende Begegungen bei zukünftigen Streikcafés.
Die nächsten Termine für Streikcafés werden auf Facebook, Instagram oder unserer Homepage angekündigt.
Feministischer Umgang mit Schwangerschaftsabbruchsgegner*innen
Etwas nicht ganz so Erfreuliches war dieses Jahr für uns die Präsenz der Gruppe „Sundays for life“. Diese Gruppe von Schwangerschaftsabbruchsgegner*innen wurde in Augsburg gegründet und agiert mittlerweile deutschlandweit und vor allem auf Social Media. Schon seit etwa einem Jahr demonstrieren die Anti-Choice-Vertreter*innen sonntags auf dem Rathausplatz gegen Schwangerschaftsabbrüche. Diskussionen in Form von direkten persönlichen Gesprächen mit Teilnehmer*innen der Demonstrationen gestalteten sich als schwierig.
Pünktlich zum Safe Abortion Day am 28. September 2020 wurden die Aktionen der Gruppe offensiver. Während das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung Augsburg dazu aufgerufen hatte, zur Pro-Choice-Demo nach München zu fahren, beschmierten die Schwangerschaftsabbruchsgegner*innen den Königsplatz mit ihren Anti-Choice-Sprüchen und posteten Bilder von ihrer Aktion auf instagram. Dazu verteilten sie Flyer mit Falschinformationen über Schwangerschaftsabbrüche in der Innenstadt und sogar in Briefkästen.
Am Nachmittag des 28. Septembers befreiten Feminist*innen kurzerhand eigenhändig den Königsplatz mit Besen und Wasser von den Schmierereien.
Im Oktober wurden darüber hinaus die ohnehin schon harten Abtreibungsgesetze in Polen weiter verschärft. Infolgedessen kam es zu Massenprotesten im ganzen Land. In Solidarität mit den Protestierenden wurden in Augsburg viele Protestkleiderbügel aufgehängt. Der Kleiderbügel als Werkzeug für gefährliche illegalisierte Schwangerschaftsabbrüche ist ein Symbol für den feministischen Kampf dafür, Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren. Lest hier den Text, der an den Kleiderbügeln angebracht war.
Solidarität mit Catcallsofaugsburg
Die Kreideaktion von „Sundays for life“ steht im krassen Kontrast zu einer Kreideaktion der Gruppe Catcallsofaugsburg. Die Gruppe kreidet schon seit Längerem Vorfälle von sexualisierter Belästigung (Catcalls) im öffentlichen Raum an. Dazu schreiben sie mit Straßenkreide auf dem Boden auf, welcher Übergriff jeweils genau an diesem Ort passiert ist. Falls ihr die Gruppe noch nicht kennt, folgt ihnen gleich auf instagram.
Als die Aktivistinnen am 07. Dezember am Rathausplatz eine rasstische und sexuelle Belästigung ankreideten, rückten kurzerhand Polizei und Feuerwehr (!) an, um den Schriftzug zu entfernen. Passant*innen hatten sich wohl von dem Schriftzug gestört gefühlt.
Foto: Catcallsofaugsburg
Dieses Vorgehen zeigt in vielerlei Hinsicht, wie mit sexuellen und rassistischen Übergriffen umgegangen wird. Nicht die Übergriffe selbst werden verfolgt, sondern ihre Sichtbarmachung. Aber nicht nur das. Die Schmierereien von „Sundays for life“, die sich flächenmäßig über fast den gesamten Königsplatz erstreckten, wurden geduldet, bis Feminist*innen ihre Zeit dafür nutzten, sie schließlich selbst zu entfernen. „Sundays for life“ hatten außerdem ihre Aktion gut sichtbar für alle und mit ihren Gesichtern auf instagram dokumentiert.
Die Catcallsofaugsburg ließen die Aktion der Polizei jedenfalls nicht unkommentiert stehen und starteten in Kooperation mit mehreren feministischen, antirastisstischen und queeren Bewegungen in Augsburg eine groß angelegte Sternmarsch-Kreideaktion, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. #wewontbesilenced
Foto: Catcallsofaugsburg
Feministische Aussichten aufs nächste Jahr
Das war unser Update zum Jahr 2020. Wir sind gespannt, was uns das neue Jahr bringt.
Im Januar starten wir mit der konkreten Planung des 8. März 2021. Trotz der Ungewissheit der momentanen Situation, sind wir uns sicher, dass wir am 8. März etwas auf die Beine stellen werden. Wie das genau aussieht, werden wir euch selbstverständlich rechtzeitig mitteilen.
Bis dahin erfreuen wir uns noch immer an den schönen Bildern der letzten Demo.
Kämpferische Grüße und einen guten Start ins Jahr 2021,
das Frauen*streikkomitee Augsburg